HSV: Glatzels Umgang mit dem Schmerz

Die Verteilung der Spielzeit am Wochenende war beispielhaft für die aktuelle Situation von Robert Glatzel beim HSV. Beim Bundesligaspiel in Leipzig (1:2) kam der Angreifer in der 90. Minute aufs Feld, beim Test der Reservisten am Sonntag gegen Osnabrück (1:3) durfte er von Beginn an ran.

Der Mittelstürmer spricht über seine neue Rolle

Dass sich die Situation für den bis zu seinem Sehnenabriss vor genau einem Jahr in Hamburg umjubelten Torjäger in der Bundesliga grundlegend verändern würde, hatte Merlin Polzin schon zu Vorbereitungsbeginn kommuniziert. Der Trainer hatte dem 31-Jährigen klar gesagt, dass er die Spielidee nach dem Aufstieg umkrempeln werde und vor allem auf Anlaufverhalten und Umschaltsituationen bei seinen Angreifern setzen wird.

Der Torjäger ist ehrlich: „Es tut mehr weh“

Nach dem Test gegen Drittligist Osnabrück und 70 Spielminuten sprach Glatzel erstmals über die neue, schwere Situation. „Sie ist wie sie ist. Ich muss das Beste daraus machen. Ich muss gucken, dass ich die Chance nutze, wenn ich sie kriege. Es gibt ja keine Alternative.“ Dass sie ihn nicht glücklich macht, verhehlt der gebürtige Münchner nicht: „Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass es zufriedenstellend ist. Vier Jahre war es keine Frage, dass ich spiele, wenn ich fit bin. Jetzt ist es eine andere Rolle. Ich will das Beste daraus machen und trotzdem die Mannschaft unterstützen.“

Insbesondere Ransford Königsdörffer, seit dem Sommer Mittelstürmer Nummer 1, hat Glatzels Unterstützung. „An der Situation unter uns ändert sich nichts. Ransi war auch immer ein Top-Teamplayer, als ich gespielt habe und er kein Stammspieler war.“ Nun haben sich die Rollen verkehrt, und am Samstag in Leipzig gab zudem Yussuf Poulsen als Joker sein Comeback – der Publikumsliebling kam erst als dritte Option.

„Es tut ein bisschen mehr weh, wenn man vier Jahre lang vorangegangen ist und immer das Ziel hatte, hier in der Bundesliga zu spielen.“ (Robert Glatzel)

Die Tragik für ihn besteht ein Stück weit in der Geschichte. Nach drei gescheiterten Anläufen Richtung Bundesliga ließ er Wechsel-Möglichkeiten verstreichen, entschied sich jeweils für einen Verbleib, weil es sein großes Ziel war, wie er sagte, es „gemeinsam mit dem HSV“ ins Oberhaus zu schaffen. Dementsprechend ist die Gefühlslage: „Es tut ein bisschen mehr weh, wenn man vier Jahre lang vorangegangen ist und immer das Ziel hatte, hier in der Bundesliga zu spielen.“

Trotz subjektiver Empfindungen gelingt Glatzel in der Öffentlichkeit eine objektive Betrachtung. „Es geht um den Verein und die Mannschaft“, sagt er und registriert, dass die veränderte Spielidee von Polzin aufgeht: „Bis jetzt war es ordentlich, wir haben uns sehr gut präsentiert in der Bundesliga.“ Auch seine Qualitäten schätzt er realistisch ein: „Ich werde keine 35 km/h mehr laufen und auch kein Pressing-Monster.“ Doch genau diese Tugenden sind für den jahrelangen Zweitliga-Favoriten in der neuen Underdog-Rolle gefragt.

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