Den Rückstand auf den FC Bayern hat Leverkusen auf sechs Punkte verkürzt. Der Meister möchte den Tabellenführer weiter stressen. Historisch betrachtet besteht kaum eine Chance auf die Titelverteidigung, doch die Verantwortlichen setzen auf den Faktor Psychologie.
Vollgas im Endspurt
Nach dem Wunder ist vor dem Wunder. So einfach lässt sich Bayers Ausgangsposition im Titelrennen in der Bundesliga zusammenfassen. Denn auch nach dem grandiosen Comeback beim 4:3-Erfolg in Stuttgart, bei dem die Werkself zwischenzeitlich bereits 0:2 und 1:3 zurücklag, sind die Chancen auf die Titelverteidigung für den Double-Gewinner weiterhin minimal.
Dennoch ist im Leverkusener Lager niemand bereit, den Meistertitel bereits abzuschreiben. „Wir wollen so viel Druck wie möglich machen. Es gibt noch acht Bundesligaspiele. Wir geben Vollgas in jedem Spiel“, zeigte sich Xabi Alonso nach dem Triumph in Stuttgart kämpferisch, wobei er aufgrund des großen Rückstands anfügte: „Es liegt nicht in unserer Hand. Wir müssen unseren Teil erledigen, Spiel für Spiel gewinnen und dann abwarten.“
Bayer will mit Sieg gegen Bochum Münchner Kopfkino starten
Das Ziel ist es, den Tabellenführer aus München mental zu stressen. Bayer 04 wird in die Köpfe der Bayern-Profis kommen und diese irgendwie nervös machen müssen, um noch eine Chance zu haben. Schließlich hat der Rekordmeister in der Liga nur noch etwas zu verlieren. Dass der sicher geglaubte Titel der Münchner noch einmal in Gefahr geraten könnte, stellt das psychologische Momentum dar, mit dem Bayer 04 spielt.
Und so erklärt auch Simon Rolfes mit Blick auf den nächsten Spieltag nach der Länderspielperiode: „Wir haben am Freitagabend ein Heimspiel gegen Bochum. Da müssen wir vorlegen, Druck machen, Vollgas geben.“ Dann könnte Leverkusen den Abstand bis zum Samstagnachmittag auf drei Zähler reduzieren und die Bayern damit gegen St. Pauli unter Zugzwang setzen. Also fordert der Geschäftsführer: „Wir müssen dranbleiben. Es geht nur nach vorne mit Volldampf.“
„Ich glaube nicht, dass sie uns viele Chancen geben. Letzte Woche haben wir es schon ein bisschen vergeigt.“ (Robert Andrich)
Im Münchner Kopfkino einen schlechten Film zu starten, ist die einzige Chance. „Wir wollen ihnen bis zum Ende auf die Nerven gehen, ihnen auf den Sack gehen“, sagt Nationalspieler Robert Andrich, räumt aber ein: „Ich glaube nicht, dass sie uns viele Chancen geben. Letzte Woche haben wir es schon ein bisschen vergeigt.“ Künftige Gelegenheiten muss man, wenn sie denn noch kommen, konsequent nutzen. Anders als am 25. Spieltag, an dem die Münchner nach 2:0-Führung noch 2:3 gegen Bochum verloren, Bayer aber zeitgleich zuhause gegen Bremen (0:2) den Kürzeren zog.
Drei verlorene Punkte, denen der Titelverteidiger nach dem grandiosen Comeback in Stuttgart umso mehr nachtrauern muss. Hätte Bayer doch sonst bis auf drei Zähler an den Tabellenführer heranrücken können, der am Samstag bei Abstiegskandidat Union nach 1:0-Führung 1:1 gespielt hatte. Doch statt innerhalb von zwei Spieltagen fünf Punkte aufzuholen, hat Bayer eben nur zwei Zähler auf die Bayern gutmachen können, die gleich zweimal die Tür aufgemacht hatten für eine Leverkusener Aufholjagd.
Die Bayern müssten sich noch drei Ausrutscher leisten
Der Double-Gewinner hat erst die zweite Offerte angenommen. In Verbindung damit, dass die Münchner zumindest durch das Viertelfinale in der Champions League gegen Inter Mailand noch zwei anspruchsvolle englische Wochen vor sich haben, stellt dies eine verschenkte Chance dar. Zeigten sich die Bayern doch nach den Achtelfinal-Duellen mit Bayer 04 in der Liga jeweils anfällig. In einer Wiederholung dieses Effekts bei den Münchnern liegt Leverkusens letzte Hoffnung.
Denn trotz nur noch sechs Punkten Rückstand ist klar: Die Bayern müssten sich aufgrund ihrer um 25 (!) Treffer besseren Tordifferenz noch drei Ausrutscher inklusive mindestens einer Niederlage in den verbleibenden acht Spielen leisten, damit Bayer 04 noch auf Platz 1 vorrücken kann. Wofür die Werkself ihrerseits alle acht Partien gewinnen müsste.
Leverkusens Rückstand nahezu aussichtslos
Rein statistisch ist dies nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. Schließlich ist es, historisch betrachtet, in 61 Jahren Bundesliga nur dem VfB Stuttgart 2006/07 gelungen, einen solchen Rückstand nach 26 Spieltagen noch aufzuholen, damals als Tabellendritter. Noch glauben sie in Leverkusen daran, einen ähnlichen Lauf zu starten. Hat Bayer 04 doch auch im Vorjahr mit einer kompletten Bundesligasaison ohne Niederlage etwas geschafft, was es zuvor in der Geschichte des deutschen Oberhauses noch nie gegeben hatte.