Sahins Woche der Antworten 

 

Trainer Nuri Sahin und Borussia Dortmund haben sich nach einer schwierigen Zeit eindrucksvoll zurückgemeldet. Die Ideen greifen, Felix Nmecha als Sechser war ein wichtiger Kniff – nun geht es um den nächsten Schritt.

Zweieinhalb Mutmacher für den BVB und seinen Trainer

Am Ende dieser wegweisenden Woche stand Nuri Sahin am Spielfeldrand des brodelnden Dortmunder Stadions und versuchte, sein Team durch Armbewegungen und laute Rufe weiter nach vorne zu schieben, immer wieder. So oft, dass die alleine die Windbewegungen des Trainer schon ein paar Meter Höhe hätten ausmachen müssen. Es reichte nicht, sein Team kam nicht aus der Umklammerung des drängenden Gegners und kassierte im Klassiker fünf Minuten vor dem regulären Ende doch noch den Ausgleichstreffer.

Am Ende dieser wegweisenden Woche stand also ein Gegentor, allerdings war es das erste in den drei Spielen, die Borussia seit dem Samstag zuvor bestritten hatte: Ein 4:0-Sieg gegen den SC Freiburg, ein 3:0-Sieg bei Dinamo Zagreb und nun eben ein respektables 1:1-Remis gegen den Rekordmeister, das beinahe ebenfalls ein Sieg geworden wäre, hätte Jamal Musiala nicht wenige Minuten vor dem Ende doch noch ausgeglichen.

„Der Plan ist komplett aufgegangen“

Am Ende dieser wegweisenden Woche stand Dortmunds Sport-Geschäftsführer Lars Ricken im bitterkalten Umlauf des Stadions und befand: „Ich fand es sehr bemerkenswert. Der Plan von Nuri ist komplett aufgegangen.“ Es war ein schönes Lob, das sich Sahin nicht nur für seine Ideen zum Spitzenspiel gegen den FC Bayern verdient hatte, sondern im Grunde für die Herangehensweisen in allen drei vergangenen Spielen, sich für den Coach und den gesamten Verein zu zweieinhalb Mutmachern nach einer für alle schwierigen Phase entwickelten.

Die einige Wochen zuvor beim Erfolg gegen Leipzig wiederentdeckte Grundordnung im 4-3-3 hatte Sahin auch nach dem Rückschlag in Mainz beibehalten und in der begegnungsfreien Zeit der Länderspielpause verfeinert. Die Sperre seines ebenso etatmäßigen wie umstrittenen Sechsers Emre Can wurde dabei zum Wegbereiter eines entscheidenden Kniffs, der in allen drei Partien großen Einfluss hatte.

Nmecha bringt Struktur, Sicherheit und Spielfluss

Felix Nmecha auf die zentrale Rolle zwischen Innenverteidigung und zwei eher offensiv orientierten Achtern zu stellen, brachte dem Dortmunder Spiel Struktur, Sicherheit und Spielfluss. Die Pressingresistenz und Übersicht des Nationalspielers beim Überspielen der ersten Linien sorgt dafür, dass der BVB immer wieder Überzahlsituationen hat und seine Außen in aussichtsreiche Eins-gegen-eins-Momente bringt. Nmecha hat das Gefühl dafür, wann er absichern muss und wann er ins Gegenpressing gehen kann, er hat Tempo in beide Richtungen, Gespür für die Räume und lange Beine, die immer wieder an Pässe kommen.

Aber der Sechser ist nur ein – wenn auch großer – Teil des Maßnahmenpakets von Sahin in den nun drei Spielen mit deutlichem Aufwärtstrend. In allen drei Partien griffen die taktischen Ideen des Coaches abseits der im modernen Fußball oft überbewerteten Grundordnung: das Locken und Ausspielen des Gegners gegen Freiburg; die offensive Sechserkette mit Tiefenläufen, um die tiefe Zagreber Defensive auseinanderzureißen; die Positionierungen gegen das mannbezogene Pressing der Bayern. Und überhaupt die wichtigen Laufwege der Achter, die je nach Situation auf die Außen ausweichen, diagonale Tiefe suchen oder für zusätzliche Strafraumbesetzung sorgen.

Die Zweifel sind verstummt

Die vor der Länderspielpause vorhandenen Zweifel an der Eignung des 36-Jährigen sind verstummt. Taktisch hat Sahin sein Team in der Woche der Antworten auf Kurs gebracht und – so scheint es – auf ein langfristig funktionierendes Fundament gestellt. Zweieinhalb Mutmacher waren die Partien für alle im BVB-Umfeld, einzig die viel zu passive zweite Halbzeit gegen die Bayern fiel zum Ende einer aber auch kräftezehrenden  Woche ab.

In Dortmund aber sind solche Hoffnungen auf Konstanz und Stabilität in den vergangenen Jahren immer wieder schnell in sich zusammengefallen. Den Trend nun beginnend mit dem Auswärtsspiel bei Borussia Mönchengladbach zu bestätigen, wird die nächste schwere Aufgabe für den Coach – beim BVB ist schließlich gefühlt jede Woche wegweisend.

 

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