Fünf Spiele ohne Sieg und eine rätselhafte Niederlage zum Abschluss. Eintracht Frankfurt ist auf der Suche nach dem Momentum und stolpert in die kurze Winterpause.
Fünf Spiele ohne Sieg und ein historischer Chancenwucher
Vor drei Wochen war die Eintracht-Welt rosarot. Jetzt braucht es für diese Sichtweise schon eine getönte Brille dieser Farbe. Fünf Spiele in Serie hat die Mannschaft nicht gewinnen können, darunter das Pokal-Aus in Leipzig (0:3), die erste Niederlage in der Europa League bei Olympique Lyon (2:3) und jetzt diese kuriose wie unverständliche 1:3-Niederlage gegen Mainz 05, das man eigentlich gar nicht verlieren kann. „Wir haben in den letzten Wochen sehr viel Lehrgeld gezahlt. Das muss man einfach sagen. Aber das gehört auch zu einer Entwicklung“, sagt Sportvorstand Markus Krösche. „Man muss ehrlicherweise auch sagen: Der Dezember ist jetzt nicht unser bester Monat gewesen.“
Chancenwucher wie zuletzt 1991
Es gibt im Fußball solche Tage, an denen alles schiefgeht, was schiefgehen kann. Dino Toppmöller meinte am Samstag, es fühle sich komisch an, wie im falschen Film. Nachvollziehbar. 18:3 Torchancen, 34:9 Torschüsse, 17:2 Eckbälle, 49:3 Flanken, 69 Minuten Überzahl – aber null Punkte. Erst bugsierte sich Kaua Santos, Vertreter des erkrankten Kevin Trapp, in bester Tomislav-Piplica-Manier den Ball slapstickartig ins eigene Tor. Später spielte er einen Aufbaupass im eigenen Strafraum in Mainzer Füße und sicherte sich damit auch die Mehrheit der Aktien am 0:3.
Davor, dazwischen und danach schrieben die Feldspieler ein neues Kapitel im Lehrbuch über „Chancenwucher“ mit historischer Dimension. Dass eine Mannschaft trotz eines Chancenplus von +15 als Verlierer vom Platz ging, gab es zuvor erst einmal, seit der kicker 1988 mit der Dokumentation der Chancen begann: im Oktober 1991, als ebenfalls Eintracht Frankfurt mit 0:1 gegen Leverkusen verlor – damals bei 4:19 Chancen. Kurios: Damals wie heute stand am Anfang ein unnötiges Eigentor vor 33 Jahren war Uwe Bindenwald.
Damals wie heute wurden in der Folge Chancen am Fließband versemmelt. Allen voran Can Uzun hätte diesmal den Ball zu Beginn der zweiten Hälfte nur noch ins quasi leer Tore schieben müssen. Stattdessen schoss er vorbei. Für Krösche eine symptomatische Szene: „Da siehst du einfach: Wir hätten auch noch länger spielen können, und es wäre wahrscheinlich nicht zum Ausgleich gekommen.“
Koch gesteht die Enttäuschung
Der Wille war dem Team nicht abzusprechen, es haperte nur an der Umsetzung. Dieses eine Spiel wäre an für sich kein großes Problem. Wären da nicht schon vier Partien vorangegangen, die aus ganz unterschiedlichen Gründen nicht zufriedenstellend endeten. „Bei uns in der Kabine denkt keiner an eine gute Hinrunde, sondern alle sind enttäuscht über die letzten Spiele, vor allem heute“, gesteht Robin Koch das, was sie zuletzt am Main noch verneinten: Dass die Krise den Blick auf die weitgehend sehr gute Hinrunde doch merklich trübt.
In den entscheidenden Momenten wirkte mancher Akteur zuletzt derart unkonzentriert, nervös und überhastet, als hätte er eine durchzechte Nacht hinter sich. Den Kater hat die Eintracht jetzt vor dem Fest. Statt wie zuletzt mit sechs Punkten Vorsprung auf Rang 5 als Tabellenzweiter dem FC Bayern im Nacken zu sitzen, liegt sechs Punkte hinter den Hessen inzwischen Platz 11. Rang 3 an Weihnachten ist immer noch ein schönes Bild, keine Frage. Doch der Trend spricht eine klare Sprache. Die Eintracht hat viel liegen lassen, während die gesammelte Konkurrenz Boden gutgemacht hat. Zur Verdeutlichung: Mit nur drei Punkten weniger stünden die Hessen nur auf Rang 9 – wie dann wohl die Bewertung dieses Halbjahres ausfallen würde?
„Wenn du oben dran sein willst, darfst du auf diesem Niveau nicht so viele Fehler machen.“ (Markus Krösche)
„Wenn du oben dran sein willst, darfst du auf diesem Niveau nicht so viele Fehler machen. Wir haben schon in den letzten Wochen viele einfache Fehler gemacht, die dann auch zu Gegentoren geführt haben“, betont Krösche. Im Januar wird sich zeigen, welchen Anteil die zuweilen fehlende Frische nach den zahlreichen englischen Wochen an der negativen Entwicklung hatte. Mit sechs Pflichtspielen binnen drei Wochen geht es im neuen Jahr gleich geballt weiter. Drei Wochen, in denen das Team viel verspielen kann, wenn es nicht die Kurve bekommt.
Toppmöller will dort das „Momentum“ zurück auf Frankfurter Seite ziehen. Das hat ganz sicher am Samstag gefehlt. Vor einigen Wochen, mitten im Erfolgslauf, hätte die Eintracht in diesem Spiel vermutlich das Torverhältnis stark verbessert. Ein Patentrezept für die Rückkehr der rosaroten Welt gibt es aber nicht, weiß auch Toppmöller: „Wir werden hart daran arbeiten.“