Wenn die Temperatur beim Trainingsauftakt zum Gradmesser wird, steht der Hamburger SV vor einer heißen Saison. Vor allem aber stehen Veränderungen an, Rayan Philippe wird nicht der letzte Neuling bleiben.
Trainingsauftakt mit Veränderungen
Der Eis- und der Getränkestand waren gut frequentiert im Volkspark. Knapp 40 Grad zeigte das Thermometer an, als Merlin Polzin am Mittwoch um 11 Uhr zur ersten öffentlichen Einheit als Bundesligatrainer bat. Mit dabei war nicht nur der erst kurz vor dem Start als dritter Zugang verkündete Angreifer Rayan Philippe, sondern auch drei neue Mitglieder im Trainerstab. Felix Wolfmeier unterstützt künftig den Spielanalysten Eduard Riesen, Basil More-Chevalier fungiert als Performance Manager und Max Bergmann wird zusätzlicher Co-Trainer.
Neben Schonlau wackeln auch Meffert und Glatzel
Weder Philippe noch die Verstärkungen für das Trainerteam markieren das Ende, sondern sind vielmehr ein klares Zeichen, dass der HSV aufrüstet für das Unternehmen Bundesliga. „Wir sind gekommen, um zu bleiben“, sagt Stefan Kuntz. Und der Sport-Vorstand belässt es nicht bei einer gut klingenden Parole, sondern konkretisiert: „Merlin und sein Trainerteam haben es klar herausgearbeitet: Wenn wir die Intensität und die Laufdaten aus der Vorsaison nehmen, dann wären wir damit in der Bundesliga abgeschlagen auf Platz 18. Aus dieser Analyse heraus haben wir unsere Bedürfnisse festgelegt.“
„Wir sind sehr kritisch bei der Kaderplanung.“ (Merlin Polzin)
Die Bedarfsanalyse und Erfahrungswerte, die andere Aufsteiger, etwa Stadtnachbar St. Pauli geliefert haben, haben außerdem ergeben: Der HSV wird auch seine Spielidee modifizieren müssen. „Wir werden in der Bundesliga mutmaßlich nicht mehr so viel Ballbesitz und so viel Dominanz haben“, sagt Sportdirektor Claus Costa. „Bedingt durch die Qualität der Gegner wird sich der Ballbesitzanteil verschieben. Wir müssen viel in die Arbeit gegen den Ball kommen, was wiederum bedeutet, dass wir den Kader anpassen müssen.“
Auch Polzin sagte nach dem Auftakt, dass der Kader, mit dem er am Mittwoch die ersten Schritte machte, noch lange nicht der endgültige sein wird. „Es wird sich auf jeden Fall noch etwas verändern. Die Bundesliga stellt gewisse Anforderungen, und wir müssen uns bewusst sein, dass wir uns anpassen müssen, was Intensität oder auch das Verteidigungsverhalten angeht. Wir sind sehr kritisch bei der Kaderplanung.“
Über Selke spricht Polzin in der Vergangenheitsform
Die Aussagen der Entscheider machen deutlich: Es geht bei den angestrebten Veränderungen nicht um die Breite im Kader, sondern um die Spitze. Im Klartext: Auch bisherige Schlüsselpositionen sollen neu besetzt werden. Mit Kapitän Sebastian Schonlau hat bereits ein Anführer der letzten Jahre seinen Stammplatz während der abgelaufenen Rückrunde verloren, Mittelfeld-Chef Jonas Meffert und Mittelstürmer Robert Glatzel könnten ebenso ihren Status verlieren. Sie alle eint: Ihnen fehlt jene Höchstgeschwindigkeit, auf die Polzin und Co. im Oberhaus besonderen Wert legen.
Dass Verdienste allein keine Zukunft garantieren, musste bereits Davie Selke erfahren. Seit dem 1. Juli ist der Aufstiegsheld vertragslos, nachdem er im März das vorliegende Vertragsangebot nicht angenommen hat und der HSV sich seitdem anders orientiert.
Polzin will zwar nicht kategorisch ausschließen, dass der Verein im Verlauf der Transferperiode nochmal auf den Mittelstürmer zugeht, sofern dieser auf dem Markt bleibt, er spricht jedoch auch bereits in der Vergangenheitsform über die gemeinsame Zeit. „Wir wissen alle, was wir im letzten Jahr auf und auch außerhalb des Platzes an Davie hatten.“ Doch die Blicke im Volkspark gehen nach vorn. Und sind von Realismus geprägt.