Erst Demonstration, nun Stimmungsboykott: Die Fans von Dortmund bis München formieren sich zum Widerstand – und werfen der Innenministerkonferenz unter anderem vor, die „freie Fankultur“ zu zerstören.
Protest gegen Politik-Pläne
Die organisierten Fußballfans wollen ihrem Protest gegen schärfere Sicherheitsmaßnahmen in Stadien mit einem Stimmungsboykott Nachdruck verleihen. „Letztes Wochenende noch mit wehenden Fahnen und Gesängen in der Leipziger Innenstadt, heute ohne Material und ohne Support in den Kurven. Wir werden die ersten zwölf Spielminuten schweigend verbringen!“, teilten die „Fanszenen Deutschland“ mit.
Den Aufruf verbreiteten am Freitag unter anderem das Bündnis Südtribüne Dortmund, die Südkurve München oder auch das Commando Cannstatt aus Stuttgart. „Vereine: Es geht nur gemeinsam! Wir Fans haben letztes Wochenende über Rivalitäten, Farben und Ansichten hinweg eine starke Einheit gebildet und unsere Haltung zum Ausdruck gebracht. Nun seid ihr an der Reihe!“, hieß es darin.
In Leipzig hatten mehrere Tausend Menschen unter dem Motto „Der Fußball ist sicher! Schluss mit Populismus – Ja zur Fankultur!“ gegen das von Fanseite befürchtete Vorhaben der Innenministerkonferenz (IMK) demonstriert, künftig rund um die Stadien härter vorzugehen. Laut Polizeiangaben waren etwa 8000 Anhänger von 38 Klubs dabei. Vom Dachverband der Fanhilfen hieß es, es seien mehr als 20.000 Fans von über 50 Vereinen gewesen.
„Die geplanten Änderungen greifen massiv in Vereinsstrukturen ein“
„Die Äußerungen der IMK und die geplanten Änderungen zerstören nicht nur freie Fankultur, sondern greifen auch massiv und unbegründet in die Vereinsstrukturen ein“, schrieben die Fanszenen dazu. „Die jahrelange gute Arbeit der Vereine und ihrer Partner wird ohne tatsächlichen Anlass mit Füßen getreten, das Erlebnis Stadionbesuch durch Unwahrheiten und egoistische Politiker massiv in seinem Ruf geschädigt.“
Politik und Polizei hatten zuletzt regelmäßig Inkonsequenz bei Stadionverboten kritisiert. Fans befürchten eine Personalisierung von Eintrittskarten, Stadionverbote auf Verdacht und die Einführung KI-gestützter Gesichtserkennung. Die Innenminister der Länder tagen vom 3. bis 5. Dezember in Bremen.
Auch DFB und DFL stellen sich gegen diskutierte Maßnahmen
Vonseiten des DFB und der DFL erhalten die Fans Rückendeckung. Bei einer Sondersitzung der Kommission Fans und Fankulturen in der vergangenen Wochen hätten DFB-Präsident Bernd Neuendorf, DFL-Geschäftsführer Marc Lenz und die weiteren Kommissionsmitglieder deutlich gemacht, dass „kollektiv wirkende behördliche Maßnahmen weder mit Blick auf eine Verbesserung der Stadionsicherheit zielführend noch für die vielen Millionen von Fußballfans vermittelbar“ seien, „die von diesen Maßnahmen betroffen wären“, heißt es am Freitag auf der Verbandswebsite. „Dies meint ausdrücklich Maßnahmen wie die Reduzierung beziehungsweise Streichung von Kartenkontingenten für Gästefans oder die Verpflichtung zur Personalisierung und die damit verbundene Identifizierung beim Einlass.“
Laut Eintracht Frankfurts Vorstand Philipp Reschke hätten sich DFB und DFL „mit konstruktiven Konzepten zur Stärkung der Sicherheit erfolgreich in die Diskussionen eingebracht und sich auf der anderen Seite im Sinne Fußballs begrüßenswert klar und entschlossen gegenüber solchen Forderungen positioniert, die den Kern von Fankultur betreffen und daher in keiner Weise hilfreich sind“.

