Freiburgs teuerster Sommerzugang ist gleichzeitig die größte Unbekannte: Cyriaque Irié hat in Europa bisher nur in Frankreichs 2. und 3. Liga gespielt. Was der 20 Jahre alte Offensivspieler zum Start sagte und warum er beim ersten Testspiel nicht eingesetzt wurde.
Warum der teuerste Zugang beim ersten Test fehlte
Ein bisschen deutsche Volkfeststimmung hat Cyriaque Irié also auch schon kennengelernt. Am Freitag gastierte der SC Freiburg, der neue Arbeitgeber des Nationalspielers von Burkina Faso, im 3000-Einwohner-Ort Oberschopfheim im Ortenaukreis zum ersten Testspiel der Sommervorbereitung. Gegner war Regionalligist Sandhausen und der Anlass das 100-jährige Vereinsjubiläum des heimischen SV. 4000 Zuschauer, ein sehr guter Rasenplatz sowie bestes Wetter verliehen dem 2:1-Erfolg der Freiburger einen stimmungsvollen Rahmen.
Den hat Irié allerdings nur von der Seite in zivil erlebt. Wie einige andere SC-Nationalspieler, die erst am gestrigen Montag ins Mannschaftstraining eingestiegen sind und an den Tagen zuvor ihre Leistungstests absolviert hatten, stand Irié nicht auf dem Platz. Und das obwohl er nach seinem A-Länderspieldebüt Anfang Juni in Tunesien (0:2) bereits seit dem Freiburger Auftakt bei seinem neuen Klub weilt und am ersten Training am 6. Juli im Europa-Park-Stadion aktiv teilgenommen hat.
„Es sind andere Eindrücke, ein anderes Tempo und eine andere Intensität für ihn. Das müssen wir über die Vorbereitung gut steuern.“ (Julian Schuster über Cyriaque Irié)
Fans und Beobachter sind besonders gespannt auf die ersten Spieleindrücke von Irié, der vom französischen Zweitligisten Troyes kam. Er ist schließlich mit einer Sockelablöse in Höhe von 8,5 Millionen Euro der teuerste Neuling innerhalb der eindrucksvollen Freiburger Transferoffensive mit einem Gesamtvolumen von über 30 Millionen Euro. Und gleichzeitig die größte Unbekannte im Kreis der sechs neuen Profis: Die im ivorischen Vavoua geborene Offensivkraft hat erst je eine Saison in Frankreichs 2. und 3. Liga (Dijon) hinter sich.
Der Grund für Iriés Nicht-Einsatz gegen Sandhausen: Belastungssteuerung. „Für Cyriaque waren es viele Infos und Details in der ersten Woche. Er ist mit 100 Prozent dabei, aber noch ein junger Spieler. Es sind andere Eindrücke, ein anderes Tempo und eine andere Intensität für ihn. Das müssen wir über die Vorbereitung gut steuern“, erläuterte Trainer Julian Schuster seine Entscheidung: „Es ist wichtig, dass die Jungs gesund bleiben und Trainingseinheiten sammeln.“
Einen Erfolgsfaktor schon verinnerlicht
Beim Start am vorletzten Sonntag hat Irié vor 3000 Zuschauern in seinem neuen Wohnzimmer seine erste Einheit „eingesammelt“ und sich danach über erste Eindrücke, Ziele und eigene Stärken geäußert. Zurückhaltend, leise und bedacht sprach der muskulöse 1,84-Meter-Mann etwa davon, „von seinen Mitspielern sehr gut empfangen“ worden zu sein und das Gefühl „wie in einer Familie“ zu haben: „Ich glaube, das ist so ein bisschen der Geist hier in Freiburg.“
Das wird Irié nicht nur selbst gespürt, sondern sicher auch in den vielen Gesprächen mit den SC-Verantwortlichen vor und nach seinem Transfer vermittelt bekommen haben. Obwohl er bislang kaum Englisch und Deutsch spricht, aber schon fleißig mit SC-Sprachlehrerin Stefanie Nerling übt, betont er, die französischsprachigen Kollegen wie Jordy Makengo oder Johan Manzambi seien nicht wichtiger für ihn als alle übrigen Teamkameraden: „Wir sind eine Familie, da ist es sehr wichtig, zusammenzuhalten.“
Wie die hohe Ablöse zu deuten ist
Einen wichtigen Erfolgsfaktor beim Sport-Club scheint das westafrikanische Talent also schon auf Anhieb verinnerlicht zu haben. Aber was ist sportlich vom Spieler mit der Nummer 22 zu erwarten? „Ich spiele gerne rechts oder im Angriff. Und dort am liebsten mit einem Mitspieler, um besser verbunden zu sein für Kombinationen oder Verlagerungen“, sagt der Linksfüßer, der sich aber auch den Job als alleinige Spitze im unter Schuster oft praktizierten 4-2-3-1 zutraut. Die hängende Spitze respektive der Zehner dahinter sind ja auch als Partner anzusehen.
Aber dafür muss sich Irié im großen Konkurrenzkampf in der Freiburger Offensive, in dem rechts vor allem Acht-Millionen-Winterzugang Niklas Beste Ansprüche anmeldet, natürlich erst einmal Spielminuten erarbeiten. Die zweithöchste Ablöse der SC-Historie für Irié ist zwar als große Wertschätzung der SC-Verantwortlichen zu sehen, aber vor allem auch als Investition in die Zukunft und nicht als Fingerzeig in Richtung Stammplatz-Wahrscheinlichkeit. Entsprechend formulierte Iriè sein oberstes Ziel: „Ich will mich an die Bundesliga anpassen und sehr viel zusammen mit dem Trainer lernen. Ich denke, der Erfolg wird dann von alleine kommen.“
„Ich bin kraftvoll, habe eine gute Technik, spiele fürs Kollektiv und manchmal kann ich den Unterschied machen.“ (Cyriaque Irié über seine Stärken)
Die Europa League mit acht Einsatzmöglichkeiten während der Gruppenphase sieht er als attraktive, zusätzliche Bühne an: „Das ist eine große Chance für mich. Und, wenn der Trainer mich aufstellt, liegt es an mir, meine Qualitäten zu beweisen.“ Und welche sind das? Auf diese Frage antwortet Irié weiterhin leise, aber auch klar und selbstbewusst: „Ich bin kraftvoll, habe eine gute Technik, spiele fürs Kollektiv und manchmal kann ich den Unterschied machen.“
Das klingt verheißungsvoll, aber man sollte spielentscheidende Momente angesichts von Iriés Alter und seinem bisherigen Werdegang dennoch eher nicht allzu schnell erwarten. Irié ist ein potenzieller Rohdiamant, das ist auch Schuster vollkommen bewusst. „Wir haben auf jeden Fall mit ihm noch ein bisschen zu schleifen. Er ist jung und noch nicht lange in Europa, bringt aber natürlich sehr viel mit. Wir sind froh, dass er bei uns ist und wir intensiv mit ihm arbeiten können, damit er Schritt für Schritt seinen Weg machen kann“, sagt der Trainer.
Die nächste Testspielchance wartet schon am Freitag (17 Uhr) auf Irié, wenn der SC im Rahmen seines am morgigen Mittwoch beginnenden Trainingslagers beim SCR Altach gastiert. Mal sehen, ob dann auch in der kleinen Vorarlberg-Gemeinde mit gut 7000 Einwohner wieder Volksfeststimmung herrscht – diesmal dann österreichische.