Polzin hat einen Berg voller Arbeit

Der Griff ins obere Regal bei den Testspielgegnern war von den HSV-Verantwortlichen für die in der kommenden Woche endende Vorbereitung bewusst gewählt und offenbarte: Die neuformierte Mannschaft reicht noch nicht oben heran, auch an RCD Mallorca nicht. Das 0:2 war die fünfte Testspiel-Niederlage in Folge.

HSV-Trainer ehrlich: „Haben gehofft, dass wir weiter sind“

Aus Hamburgs Trainingslager auf Mallorca berichtet Sebastian Wolff

Merlin Polzin war in den Katakomben des Estadi de Son Moix weit davon entfernt, den Alarmzustand auszurufen, und doch räumt Hamburgs Trainer offen ein: „Natürlich haben wir gehofft, dass wir schon weiter sind.“ Der FC Kopenhagen (0:1), Sturm Graz (1:2), Olympique Lyon (0:4), der SC Freiburg (1:5) und am Samstagabend auch Mallorca waren allesamt eine Nummer zu groß für seine Mannschaft. 2:14 Gegentore legen schonungslos offen, dass sich der Aufsteiger hinten und vorn ganz erheblich strecken muss, um beim Auftakt in Mönchengladbach in zwei Wochen oben ankommen oder sprichwörtlich, ans obere Regal heranzukommen.

Ramos-Nominierung als klares Signal an Schonlau

Auf Mallorca blieben Zeichen der Mannschaft aus, dass die Lernkurve nach oben zeigt, stattdessen sendete der Coach Signale. Zum Beispiel an Sebastian Schonlau, der 90 Minuten auf der Bank schmorte, während in der Dreierkette vor dem frisch verpflichteten Warmed Omari (feierte ein Kurz-Debüt) Verkaufs-Kandidat Guilherme Ramos verteidigte. Der langjährige Kapitän weiß spätestens seit dem Mallorca-Trip, dass er keine Zukunft mehr hat.

Ein Signal erhielt auch Robert Glatzel. Selbst in Abwesenheit des fehlenden Yussuf Poulsen (arbeitete wegen einer Zerrung nur separat) kam der 31-Jährige erst in den Schlussminuten zu Spielzeit – und das, obwohl Ransford Königsdörffer keine gute Vorbereitung absolviert. Auch im Spiel eins nach seinem geplatzten Wechsel zu OGC Nizza enttäuschte der Mittelstürmer, vergab eine Großchance aus Nahdistanz. Das Ganze im Übrigen vor den Augen seines ghanaischen Nationaltrainers Otto Addo.

Doch auf dem Prüfstand stehen nicht nur Profis wie Schonlau und Glatzel, die um Anschluss ringen, sondern auch hocheingeschätzte Neulinge wie Rayan Philippe, der auf der rechten Außenbahn von Emir Sahiti mindestens eingeholt wurde, oder Jordan Torunarigha. Der Ex-Herthaner kam als erhoffte Soforthilfe, kann diesen Nachweis bislang nicht antreten und leistete sich am Samstagabend in der Schlussminute zudem noch einen kapitalen Aussetzer, sah glatt Rot für eine rüde Attacke auf der Außenlinie.

Polzin wollte auf Mallorca die Sinne schärfen, dass der HSV in der Bundesliga anders spielen muss als während der sieben Zweitligajahre. „Wir müssen uns darauf fokussieren, wie wir als HSV in der Bundesliga erfolgreich sein können“, wiederholt er auch nach dem 0:2. Die neue Art und Weise soll von Griffigkeit gegen den Ball geprägt sein, im neuen 3-4-3-System aber fehlt augenblicklich jegliche Kreativität – und Momente wie das Slapstick-Eigentor von Miro Muheim sind beispielhaft dafür, dass selbst die einfachen Griffe nicht sitzen, wenn die Regale zu hoch erscheinen.

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