Toppmöller: „Es wird nicht das letzte Mal sein, dass wir über Naivität sprechen“

Acht Gegentore kassierte Eintracht Frankfurt in der englischen Woche, eine Vielzahl resultierte aus eigenen Patzern. Dino Toppmöller verwies auf die Vereinsphilosophie – und könnte in Gladbach zumindest etwas mehr Erfahrung auf den Rasen bringen.

Frankfurt und die individuellen Fehler

Die Eintracht war im Sommer durchaus auf der Suche nach einem neuen Sechser. Konkret beschäftigte man sich mit Soungoutou Magassa und Sergi Altimira, verpflichtet wurde jedoch letztlich niemand. Das „sehr gute Gefühl“ von Markus Krösche mit Blick auf das Zentrum trotz eines ausbleibenden Transfers bestätigte sich bislang allerdings nur in den ersten beiden Wochen der Saison. Gegen Bremen (4:1) und bei der TSG Hoffenheim (3:1), wusste das neue, junge Mittelfeld-Duo Fares Chaibi (22) und Hugo Larsson (21) noch zu überzeugen.

Doch schon gegen Galatasaray (5:1) führte Larssons Fehler, den Leroy Sané zur Vorarbeit für Yunus Akgün nutzte, zum frühen Rückstand für Frankfurt. Beim 3:4 gegen Union erwischte der Schwede einen noch schlechteren Tag (kicker-Note 6), machte vor dem 0:1 im Zusammenspiel mit Robin Koch eine schlechte Figur und sah auch vor dem 0:2 alles andere als gut aus. Sein Gegenpart leistete sich gegen die Berliner zwar keine folgenschweren Schnitzer, blieb jedoch blass.

Nicht nur Larsson patzte

Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Mit seinen Aussetzern ist Larsson in dieser Saison bislang nicht allein, auch Kollegen geizten nicht mit individuellen Fehlern und inkonsequenter Zweikampfführung. Nnamdi Collins verstolperte gegen Union etwa den Ball vor dem 1:3 und ging anschließend nicht nach. Schon in Leverkusen leitete Arthur Theate mit haarsträubenden Fehlpässen erst den Freistoß zum 0:1, dann den Strafstoß zum 0:2 ein und foulte vor dem Freistoß zum 1:3-Endstand selbst.

So stellt die SGE nach vier Spieltagen in der Liga zwar die zweitbeste Offensive (elf Tore) nach den Bayern (18), andererseits kassierten aber nur Augsburg (zehn) sowie drei der vier bisherigen Gegner mit Hoffenheim, Bremen (beide ebenfalls zehn) und Union (elf) mehr Gegentreffer. „Dass neun Gegentore nach vier Spieltagen zu viel sind, darüber brauchen wir nicht reden“, erklärte Trainer Dino Toppmöller und zog die Statistik hinzu. „Bei einem Wert von sechs erwarteten Gegentoren sind wir da drei drüber. Und trotzdem muss man differenzieren.“

„Das ist ein Prozess, der auch mir logischerweise ein bisschen zu langsam vorangeht. Aber da müssen wir durch.“ (Dino Toppmöller)

So sah der Trainer beim 0:2 eine „eine super Restverteidigung“, musste aber feststellen: „Wenn du keine Zweikämpfe gewinnst, dann kannst du eine Restverteidigung mit zehn Spielern haben, dann kriegst du ein Gegentor.“ Ein klares Muster sei bei den Treffern gegen seine Mannschaft nicht zu erkennen. „Am Ende geht es darum, dass wir mit Ball sauberer sein und gegen den Ball einfach im Zweikampf eine andere Schärfe an den Tag legen müssen. Das war auch die Message an die Jungs, dann werden wir definitiv weniger Gegentore kassieren.“

Dass es zu individuellen Fehlern kommt, sei bei einer Startelf wie der von Sonntag mit einem Durchschnittsalter von 23,2 Jahren – so jung wie seit Dezember 1984 nicht – „logisch und normal“, bremste der Coach. Sie abzustellen gleiche der „berühmt-berüchtigten Eine-Million-Euro-Frage. Am Ende geht es um geistige Frische, darum, die Situation richtig einzuschätzen“, suchte Toppmöller nach einer Antwort. „Es wird auch nicht das letzte Mal sein, dass wir über Naivität sprechen. Denn naiv zu sein, bedeutet einfach, dass eine gewisse Erfahrung fehlt. Und die müssen wir sammeln. Das ist ein Prozess, der auch mir logischerweise ein bisschen zu langsam vorangeht. Aber da müssen wir durch. Es ist die Philosophie des Vereins, wir haben halt kein Durchschnittsalter von 30 und sind dafür abgeklärter.“

Abgezockte Werkself als Beispiel

Eine solche Abgeklärtheit sei eben nicht zu trainieren. „Da muss man sehen, wie andere Teams das machen, wie sie versuchen, eine Führung über die Zeit zu bringen“, erklärte Toppmöller und nannte die 1:3-Niederlage in Leverkusen als gutes Beispiel für seine Mannschaft. „Es war clever, wie sie das runtergespielt haben, wie sie mal ein Foul gezogen, ein bisschen auf Zeit gespielt oder den Ball gehalten haben.“ Daran könne sich auch sein Team ein Beispiel nehmen.

Jene Cleverness und Erfahrung, die der jungen Truppe häufig abging, könnte Ellyes Skhiri in Mönchengladbach wieder einbringen. Der Tunesier, der in der Vorsaison häufig als Stabilisator fungierte, gab gegen Galatasaray sein Comeback nach langwierigen Knieproblemen und ist nun bereit für die Startelf. Dort könnte er den schwächelnden Larsson entweder ersetzen, oder aber für Chaibi kommen und wie in der Vorsaison mit dem Schweden das Duo in der Frankfurter Zentrale bilden. Dann würde Larsson wieder den offensiveren Part übernehmen.

„Ich glaube, dass Hugo auf beiden Positionen ein Topspieler ist“, stärkte Toppmöller dem 21-Jährigen den Rücken und schloss keine der Varianten aus. „Ellyes und Hugo sind im selben Jahr gekommen, spielen schon ein bisschen länger zusammen und haben eine sehr gute Verbindung“, sagte der Coach, betonte aber: „Am Ende geht es trotzdem immer um die Form.“

„Man muss auch sagen, dass gerade gefühlt jeder Schuss drin ist.“ (Dino Toppmöller)

Und die war am vergangenen Wochenende nahezu bei der gesamten Mannschaft nicht gut. „Man muss auch sagen, dass gerade gefühlt jeder Schuss drin ist. Wir müssen die Gesamtsituation sehen. Gegen Galatasaray hatten wir das Spielglück auf unserer Seite, gegen Union eben nicht“, blickte Toppmöller zurück.

Manche Dinge seien nicht zu erklären. „Dennoch versuchen wir natürlich, Erklärungen zu finden, und haben auch Ansätze. Es geht um Zweikampfführung und auch darum, Situationen mal so zu lösen, dass man sich für den Ball hinter die Kette vom Gegner entscheidet“, gab der Trainer einen Einblick. „Das haben wir analysiert, haben am Mittwoch lange drüber gesprochen und jetzt gilt es, das im nächsten Spiel einfach besser zu machen. Und am besten auch in den nächsten Wochen und Monaten.“

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