Mit seinen Worten Ende Mai, als er eine baldige Rückkehr zum FC Basel ankündigte, hatte Granit Xhaka erste, eigentlich nicht ernstzunehmende Zweifel an seiner Zukunft bei Bayer 04 gesät. Jetzt taucht der nächste Bericht zu einem baldigen Abschied auf. Für Xhaka und seinen Klub besteht dringend Klärungsbedarf.
Wieder Unruhe um die Zukunft des Leaders
Er war der wichtigste Transfer vor der Double-Saison. Die 15 Millionen Euro, die Bayer 04 im Sommer 2023 für Granit Xhaka an den FC Arsenal überwies, waren genauso bestens angelegtes Geld wie die später gezahlten erfolgsabhängigen Boni, die die Ablöse in einen Bereich zwischen 20 und 25 Millionen Euro ansteigen ließen.
Auf den ersten Blick war es viel Geld für einen damals fast 31-Jährigen, auf den zweiten jedoch war es eine geniale Investition. Der Schweizer Mittelfeld-Stratege wurde direkt zum verlängerten Arm von Trainer Xabi Alonso und Leistungsträger, fungierte als absolute Führungspersönlichkeit auf und neben dem Platz. War ein Meinungsmacher, der die Richtung vorgab. Kurzum: Xhakas Verpflichtung war der Schlüsseltransfer schlechthin für Bayers ersten Titelgewinn in der Bundesliga.
Bislang forderte Xhaka Klarheit immer ein – jetzt muss er selbst für sie sorgen
Auch weil der Rekordnationalspieler Klartext redete, schon bevor Dinge im Argen lagen. Lief etwas nicht im Sinne der Mannschaft und damit nicht im Sinne des Erfolges, folgte ein Machtwort Xhakas. Jetzt ist wieder Klarheit gefordert – allerdings von Granit Xhaka selbst.
Schon Ende August hatte der der ehemalige Spieler des FC Basel bei der Verabschiedung seines Bruders Taulant anlässlich dessen Karriereendes mit seinen Aussagen große Fragezeichen hervorgerufen. So kündigte er damals vor dem letzten Saisonspiel des FC Basel im St. Jakob Park den Fans über die Stadion-Lautsprecher an: „Ich kann euch eins sagen: Ein Xhaka geht, der andere ist bald wieder da.“
Xhakas Worte in Basel waren schon ein Affront, versandeten aber
Angesichts eines Vertrags in Leverkusen, der bis 2028 datiert ist, und der Tatsache, dass der deutsche Vizemeister fest mit seiner wohl letzten verbleibenden Führungsfigur plant, schon ein Affront gegenüber seinem aktuellen Arbeitgeber. Allein, weil eine Rückkehr nach Basel nicht annähernd realistisch erscheint, versandete Xhakas zweifelhafte Wortmeldung ohne nachhaltigen Widerhall. Wurde sie doch nicht wirklich ernstgenommen.
Doch jetzt, zu Beginn der USA-Tour der Schweizer Nationalmannschaft tauchte der nächste Bericht auf, der einen Abschied Xhakas zum Thema hat. So berichtete Blick aus gut informierten Kreisen darüber, dass im Hintergrund bereits die Konditionen abgeklopft würden, zu denen Xhaka Leverkusen vorzeitig verlassen könne.
„Wir planen sportlich fest mit Granit. Ganz einfach.“ (Simon Rolfes)
Es ist der nächste öffentliche Aufschlag, der das Bild vermittelt, dass Xhaka der Aufgabe in Leverkusen müde ist oder sogar keine Lust mehr hat, dort zu spielen. Ein Bild, das zwangsläufig gezeichnet wird und das weder dem Klub noch dem Profi selbst gefallen kann. Dass Xhaka irgendetwas umtreibt, ist offensichtlich. Nicht umsonst schrieb der kicker nach dessen kryptischen Worten in Basel, dass ein klärendes Gespräch mit dem Spieler auch angesichts dieser Anwandlungen Xhakas enorm wichtig sei.
In Leverkusen weisen sie das skizzierte Szenario eines Wechsels zurück. „Wir planen sportlich fest mit Granit“, erklärt Geschäftsführer Simon Rolfes gegenüber dem kicker, „ganz einfach.“ Die Botschaft ist eindeutig. Xhakas Verhalten ist es aber eben nicht.
Xhaka hat der Unruhe eine nahrhafte Grundlage gegeben
Durch seine Äußerungen im Mai in Basel hat Xhaka solchen Berichten eine nahrhafte Grundlage geliefert. Egal, wie unrealistisch eine Rückkehr zum FC Basel auch ist. Und unabhängig davon, dass man natürlich die Frage stellen kann, wohin Xhaka wirklich wechseln wollen könnte: Die absoluten Topklubs in Europa, die ihn reizen könnten, dürften nicht anklopfen.
Großklubs aus der Türkei wie Galatasaray, denen Interesse nachgesagt wird, dürften den Schweizer nach Premier League und Bundesliga kaum reizen. Einzig wenn ein unmoralisches Angebot aus Saudi-Arabien käme, könnte die Rationalität des Transfermarkts außer Kraft gesetzt werden.
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Doch bislang hat sich in Leverkusen weder Xhaka, noch irgendwelche Vertreter seiner Interessen oder eines potenziellen neuen Klubs bei Bayer 04 gemeldet. Doch damit ist das Thema nicht vom Tisch. Vielmehr geht es um den Eindruck, den Xhaka für innen- wie außenstehende Beobachter erweckt.
Xhaka kratzt nicht nur am Sockel seines Denkmals
Egal, ob es wirkliche Wechselwünsche sind, die den Routinier dazu treiben. Egal, ob es womöglich nur der Frust Xhakas ist, der ihn nach einer Saisonendphase, in der er überspielt wirkte und nicht mehr ansatzweise der echte Xhaka war, zu seinen Worten hingerissen hat. Der Eindruck, der durch Xhakas Worte initiiert wurde, ist ein gefährlicher. Für Xhaka selbst, weil er so an dem Sockel seines Denkmals in Leverkusen mehr als nur kratzt. Aber auch für seinen Arbeitgeber, der gerade jetzt nicht nur maximale Loyalität braucht.
Benötigt Bayer 04 in diesem Sommer des Umbruchs, in dem der Klub bereits Leitfiguren wie Xabi Alonso, Jonathan Tah und Jeremie Frimpong verloren hat, und sich mit Florian Wirtz die nächste Schlüsselfigur gen Liverpool verabschieden dürfte, doch Xhaka als den letzten verbliebenen großen Leader und Symbolfigur für eine Aufbruchstimmung.
Als Lokomotive, die mit klaren wie positiven Signalen den Zug zieht. Und nicht als wankelmütig erscheinenden Wackelkandidaten. Es ist der Moment, an dem der Führungsspieler Xhaka mit sich selbst Tacheles reden sollte.