Beim 5:1 gegen Freiburg verschießt Florian Wirtz einen Foulelfmeter, um darauf mit einer Weltklasseleistung zu antworten. Leverkusens Geschäftsführer Simon Rolfes sah die Gala des Nationalspielers gerade in dessen Negativerlebnis begründet.
Bayers Kreativdirektor liefert nach verschossenem Strafstoß eine Galavorstellung
Am Ende sollte es die Schlüsselszene werden. Obwohl Noah Atubolu in der 33. Minute den Strafstoß von Florian Wirtz parierte hatte, stellte dieser Moment die entscheidende Weichenstellung für den Leverkusener 5:1-Erfolg gegen den SC Freiburg. Rief der Fehlschuss beim 21-jährigen Topstar des deutschen Double-Gewinners doch eine Reaktion hervor, die nur den ganz Großen in dieser Branche vorbehalten ist.
Denn statt sich durch seinen Fehlschuss beim Stand von 0:0 aus der Bahn werfen zulassen, schwang sich Leverkusens Kreativdirektor zu einer selbst für ihn außergewöhnlichen Leistung auf, die trotz schon so vieler glänzender Auftritte des Edeltechnikers nochmal eine Steigerung darstellte. So bereitete der Nationalspieler nicht nur drei Treffer brillant vor und erzielte einen höchst kunstvoll selbst, sondern er lieferte auch insgesamt eine absolute Weltklasseleistung ab.
„Wenn ich zehn Jahre alt wäre, würde ich sofort ein Trikot von ihm kaufen.“ (Freiburgs Trainer Julian Schuster über Wirtz)
Seinem Spielwitz, seiner Dribbelkunst und seiner Genialität konnte sich keiner der Augenzeugen entziehen. Selbst Freiburgs Trainer Julian Schuster gab nachher beeindruckt zu: „Wenn ich zehn Jahre alt wäre, würde ich mir sofort ein Trikot von ihm kaufen. Das ist eine Qualität, bei der man gerne zuschaut. Nur dann nicht, wenn man der gegnerische Trainer ist.“
Dass sich Wirtz, der zumindest in der Anfangsphase deutlich aus der Zehnerposition heraus hinter der Doppelspitze Patrik Schick und Nathan Tella agierte, zu einer Gala aufschwang, sah Simon Rolfes ausgerechnet in dessen Fehlversuch vom Punkt begründet. „Ich hatte es mir schon gedacht, als er den Elfmeter verschossen hatte: Das wird ihn wurmen. Das wird ihn noch mehr anstacheln, ein Tor zu machen oder torgefährlich zu werden“, beschrieb Leverkusens Geschäftsführer das Gefühl, dass sich bei ihm in jener 33. Minute einstellte und sich in der folgenden Stunde bewahrheitete.
„Topspieler wissen trotz einer Enttäuschung um ihre Stärke. Flo weiß das auch.“ (Simon Rolfes)
Denn spätestens mit seinem präzise getimten Pass auf Torjäger Patrik Schick beim 1:0 kurz vor der Pause, lud Wirtz die 30.210 Zuschauer zu seinem ganz persönlichen Winterzauber in der BayArena ein. Faszination Fußball. Wie aus einer anderen Welt. Der Topstar bot filigranen Tanz mit dem Ball in Verbindung mit purem Siegeswillen dar. Noch besser und noch schöner als in so vielen Partien zuvor.
Dass ihm dies trotz seines vergebenen Strafstoßes gelang, belegt seine Ausnahmestellung. „Topspieler sind ja Topspieler, weil sie in der Lage sind, auch mal eine Enttäuschung oder eine schlechte Situation wegzustecken. Dann wissen sie trotzdem um ihre Stärke und ihre Qualität“, ordnete Rolfes Wirtz‘ Reaktion ein, „das weiß Flo auch. Das hat er heute gezeigt. Daran ändert auch ein verschossener Elfmeter nichts, dass er weitermacht und am Ende Spiele auch entscheidet.“
„Flo ist Flo. Er hat eine große Reaktion nach dem Elfmeter gezeigt. Ich muss ihm gratulieren.“ (Xabi Alonso)
Neben Trainer Schuster staunten auch die Freiburger Profis über den Ausnahmekicker. Selbst sein Trainer Xabi Alonso wusste nicht so recht. wie er das Außergewöhnliche, das in der BayArena aber doch irgendwie schon zur guten Gewohnheit geworden ist, noch beschreiben sollte. „Flo ist Flo“, erklärte der Spanier also mit einer Redewendung, die darauf abzielt, das der Sachverhalt eben selbsterklärend ist, „wir sprechen hier fast bei jeder Pressekonferenz über diese speziellen Momente. Heute wieder.“
Doch auch der 43-Jährige, der sich früher selbst auf Weltklasse-Niveau bewegte, hob die Resilienz des Künstlers hervor. „Er hat eine große Reaktion nach dem Elfmeter gezeigt, die Mentalität, es besser zu machen, und nicht aufzugeben, nicht frustriert zu sein. Er hat es wieder sehr gut gemacht. Ich muss ihm gratulieren.“
Beim Topstar selbst hingegen dürfte die Partie eine andere Reaktion auslösen, glaubt Rolfes. Ob der extrem fleißige Profi künftig im Training noch mehr Elfmeter üben werde nach seinem Fehlversuch? „Davon“, sagte der Geschäftsführer mit einem zufriedenen Lächeln, „kann man ausgehen.“