Seit Monaten ist die Situation um Jackson Irvine in den Fanforen des FC St. Pauli zum Teil aufgeladen. Jetzt ist sie ausgerechnet durch ein Aufsichtsratsmitglied eskaliert.
Aufsichtsrat attackiert St. Pauli-Kapitän
Auf dem Trainingsplatz fehlte Jackson Irvine auch am Mittwoch. Nach seiner Fuß-Operation ist St. Paulis Kapitän weiter im Aufbautraining, die Schlagzeilen bestimmt er dennoch. Aufsichtsrat René Born hatte den 32-Jährigen in einem Social-Media-Post heftig kritisiert, Spielergattin Jemilla Pir den Vorfall zu einem Zeitpunkt öffentlich gemacht, da sich der Kontrolleur bereits entschuldigt hatte.
Risse im Bild der heilen Welt
Die Verbindung zwischen St. Pauli und Irvine war vier Jahre eine beinahe zu kitschige Liebesgeschichte – zwischen einem Klub, der nach neuen Gesichtern gesucht hatte und in dem Mittelfeldmann einen Prototypen gefunden hatte, der mit seiner Haltung, seiner Spielweise und seinem Äußeren wie gemacht schien für den Stadtteil-Klub. Seit dem Sommer aber gibt es Risse im Bild von der heilen Welt. Und seit dieser Woche geht es darum, ob und wie diese überhaupt noch zu kitten sind.
Den Ursprung hatten die Irritationen in einem Post von Irvine während der Sommerpause, als er sich auf einem Konzert in Portugal im Trikot des FC Palästina gezeigt hatte, auf dem Landkarten von Israel und Palästina ohne Israel aufgedruckt waren. In der Folge sah er sich in den sozialen Netzwerken teilweise dem Vorwurf des Antisemitismus ausgesetzt.
Als ihm sein Klub dann während des Trainingslagers im österreichischen Flachau in einer Medienrunde die Möglichkeit gab, mit den Vorurteilen aufzuräumen, sollen die Verantwortlichen mindestens irritiert darüber gewesen sein, dass Irvine diese verstreichen ließ und sich stattdessen in eine Opferrolle begeben hatte („Ich fand die Vorwürfe als zutiefst beleidigend und verletzend“).
Innerhalb der Fanszene goutierten auch nicht alle Anhänger, dass ihr langjähriger Liebling während seiner Verletzungszeit immer wieder mit seiner Gattin zu Werbezwecken ihrer Modekollektion an Standorten auf St. Pauli posierte.
Pir macht beispiellosen Vorgang publik
Unter einem gemeinsamen Foto, das hatte Pir am Dienstag öffentlich gemacht, hatte ein User namens „rene.fcsp“ geschrieben: „Niemand ist größer als der Club.“ Und: „Das ist unser Club, nicht deiner. Du wirst in wenigen Monaten weg sein und für einen Euro mehr woanders spielen. Wir werden immer hier sein, während du nicht mehr als eine Fußnote bist.“
Hinter dem Pseudonym, auch das machte die Spielerfrau öffentlich, steckt Aufsichtsrat Born – ein fürwahr beispielloser Vorgang. Allerdings einer, der zum Zeitpunkt des Postings bereits aufgearbeitet war. Born wurde intern zur Rechenschaft gezogen, hat sich in einem Brief auch bei Irvine entschuldigt.
Der Verein reagiert mit einer Stellungnahme
Der Verein reagierte auf kicker-Anfrage mit einer Stellungnahme: „Die Vereinsführung des FC St. Pauli hat nach Bekanntwerden der Kommentare interne Gespräche geführt, sich klar davon distanziert und diese Distanzierung auch übermittelt. Vor der Veröffentlichung des Instagram-Reels am Dienstag.“ Teil zwei der Erklärung richtet sich bei genauer Lesart demzufolge an Irvines Frau: „Wir appellieren eindringlich, sich im Sinne eines respektvollen und konstruktiven Interesses des gesamten FC St. Pauli zu verhalten. Schlammschlachten auf Social Media helfen niemandem – sie schaden allen.“
Schaden nimmt mehr und mehr auch Irvine, obwohl Borns Vorgehen einer weiteren Aufarbeitung bedarf. Das Ganze passiert in einer Phase, da er aufgrund seiner Verletzung nicht sportlich antworten kann. In seiner Abwesenheit haben sich James Sands und Joel Chima Fujita in den Vordergrund gespielt. In diesem ist Irvine seit Monaten nur noch bei außersportlichen Themen.