Als der Volkspark in der siebten Minute der Nachspielzeit explodierte und der Lautstärkepegel extrem ausschlug, rutschte Ransford-Yeboah Königsdörffer erst jubelnd über den Rasen und legte sich dann den Finger auf die Lippen. Ein Zeichen an die Kritiker nach dem Last-Minute-1:1 des HSV gegen Borussia Dortmund.
HSV-Stürmer bekommt Sonderlob von Konkurrent Poulsen
An den ersten neun Spieltagen hatte der 24-jährige Angreifer jeweils ein Startelf-Mandat von Merlin Polzin erhalten, viele Komplimente für seine Laufwege bekommen, war dabei aber torlos geblieben. Weil zuletzt auch die Formkurve nach unten zeigte, kam Ransford-Yeboah Königsdörffer am Samstagnachmittag erstmals als Joker ins Spiel – und stieg in dieser Rolle zum Helden auf. Nicht nur ausgerechnet nach seinem erstmaligen Bankplatz, sondern vor allem auch ausgerechnet nach teilweise heftiger Kritik.
Nach der Kritik schweigt der Hamburger Held des Tages
Vor allem in den sozialen Netzwerken war nach seinem Elfmeter-Fehlschuss gegen Wolfsburg (0:1) und seiner schwachen Leistung in Köln (1:4) viel auf den Aufstiegshelden eingeprasselt. Polzin hatte sich gar genötigt gesehen, im Vorfeld der Partie gegen Dortmund am Beispiel Königsdörffer aufzuzeigen, für welche Kultur der HSV im Umgang miteinander steht. Intern, das stand immer außer Frage, wurde der gebürtige Berliner intensiv unterstützt. „Ransi“, sagt deshalb auch Polzin nach dessen umjubeltem erstem Saisontor, „war immer wichtig für uns. Er hat mit seiner Arbeit einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass wir unser Spiel fußballerisch weiterentwickelt haben.“
Nach dem 1:1 gegen den turmhohen Favoriten aus Dortmund stand Königsdörffer endlich nicht im Zentrum der Kritik, sondern erstmals wieder im Mittelpunkt der Ovationen. Völlig losgelöst waren alle Spieler und Betreuer nach seinem mustergültigen Kopfball vor der Nordtribüne auf ihn zugerast, vor allem Yussuf Poulsen widmete sich ihm mit ganz besonders innig. Der Däne hatte dieses Mal den Vorzug erhalten, versteht seine Rolle jedoch nicht als Konkurrent, sondern als Kapitän. In dieser hatte er schon zuletzt schützend die Hand über Königsdörffer gehalten.
Nach dem wichtigen Punktgewinn dank Königsdörffer erinnerte Poulsen an seine Worte von vor zwei Wochen, als der 14-malige Torschütze der Aufstiegssaison gerade einen Elfmeter gegen Wolfsburg verschossen hatte. „Ich habe da schon gesagt, dass sein Tor irgendwann fallen wird. Weil er viel für die Mannschaft arbeitet. Irgendwann wird er dafür belohnt.“ Und dann mit einem leicht mahnenden Blick in Richtung der Reporter: „Ihr wart teilweise auch hart mit ihm.“
Königsdörffer selbst redete am Samstag nicht, er hatte Taten sprechen lassen, und dem HSV damit ganz wesentlich weitergeholfen. Denn Komplimente hätte der leidenschaftliche Aufsteiger für seinen Vortrag auch bei der sich lange abzeichnenden 0:1-Niederlage bekommen. Die aber gab es zuletzt schon gegen Leipzig (1:2) und Wolfsburg (0:1), streckenweise auch für den Auftritt in Köln (1:4). Nur Punkte hatte es keine gegeben, und Miro Muheim, mit seiner Flanke Wegbereiter des Ausgleichs, sagt: „Natürlich ist es ganz wichtig, dass es dieses Mal nicht nur Lob gibt, sondern auch etwas Zählbares. Das ist wichtig für die Tabelle und für unser Selbstverständnis.“ Und für die Angreifer. Denn nebenbei ist das Zählen der Minuten ohne Mittelstürmer-Tor seit der Nachspielzeit vom Samstag beendet.

