Polzins Spagat zwischen München und Heidenheim

Das Hamburger Volksparkstadion wird 100 Jahre alt und der HSV tritt beim FC Bayern an. Trainer Merlin Polzin sagt, weshalb für ihn beides Anlässe zum Feiern sind.

HSV-Training ohne Torunarigha und Poulsen

Darüber, wann nun genau die Geburtsstunde des Volksparkstadion war, ob am 11. oder am 13. September 1925, gibt es unterschiedliche Sichtweisen. Geht es nach Polzin, ist zumindest auch der 13. September 2025 ein Grund zur Freude. „Wir haben hart dafür gearbeitet, wieder ein Ligaspiel beim FC Bayern bestreiten zu dürfen, wir stehen da am Samstagabend zu Recht auf dem Platz.“ Und dann mit einem Augenzwinkern: „Wir sind sicherlich eher der zweite Favorit.“

Der Trainer war beim 2:9 vor zwölf Jahren als Fan vor Ort

Polzin hat diese Paarung, die einst ein Nord-Süd-Gipfel zwischen zwei Schwergewichten der Bundesliga war, in seiner Zeit als Fan miterlebt, auch jene Vergleiche, die deutlich gemacht haben, wie sehr die Schere zwischen den Bayern und Hamburgern auseinander gegangen ist. Das 2:9 im Frühjahr 2013 ist legendär geworden, weil der HSV seine Fans im Nachgang zur Wiedergutmachung zu einem Grillfest eingeladen hatte. Es war die Steilvorlage für Spötter, nach jeder weiteren hohen Pleite in den Folgejahren das „Angrillen im Volkspark“ auszurufen. Und es gab einige: Acht in den zurückliegenden Duellen in München, bei 3:50 Toren.

Der Trainer hat über Witze dieser Art als Fan nie gelacht, er verriet auf der Pressekonferenz am Donnerstag: „Ich war damals bei diesem Spiel. Aber ich war nicht beim Grillen.“ Und er will vor allem am Samstag weder abgebraten werden noch Steilvorlagen für neue Häme geben. „Ich erwarte auch, dass wir gegen eine europäische Top-Mannschaft so auftreten, dass jeder von uns bereit ist, Widerstände zu brechen.“ Der Coach verzichtet auf vollmundige Ankündigungen, will aber auch keine Partie, in der es „nur darum geht, in welcher Höhe wir verlieren. Es geht darum, in guten Höhen zu verteidigen und nicht nur den Bus zu parken.“

Der 34-Jährige hat in der abgelaufenen Woche mehrfach betont, dass für ihn zunächst ausschließlich München zähle, und doch steht er vor dem schwierigen Spagat, seine Mannschaft bestmöglich durch die wohl größte Aufgabe dieser Saison zu manövrieren und dabei eben doch schon eine Partie im Blick zu haben, in der es nicht vornehmlich um Haltungsnoten, sondern um Punkte geht: am Samstag darauf gegen den mutmaßlichen direkten Konkurrenten Heidenheim. Dementsprechend offen lässt er einzelne Personalien.

Am Donnerstag trainierten Jordan Torunarigha und Yussuf Poulsen individuell im Inneren des Volksparkstadions. Der Innenverteidiger wurde während der ersten Hälfte der Länderspielpause wegen anhaltender Achillessehnenprobleme gesteuert, war zuletzt ins Training zurückgekehrt. Nun sagt Polzin: „Wir werden sehen, wie es am Freitag aussieht.“ Gleiches gilt für Kapitän Poulsen, der nach zwei Jokereinsätzen in der Liga zuletzt bereit schien für die Startelf – aber in dieser womöglich doch erst gegen Heidenheim debütiert?

Der Abwägungsprozess zwischen dem, was in München vielleicht möglich und gegen Heidenheim nötig ist, findet auch bei der Entscheidung über Albert Sambi Lokonga und Jean-Luc Dompé statt. Der spielstarke und vom FC Arsenal gekommene Mittelfeldspieler war Donnerstag ebenso Teil der Trainingsgruppe wie der trickreiche Linksaußen, Polzin deutet aber mehr als nur an, dass es in München weniger auf Kreativkräfte ankommen wird als eine Woche darauf. „Jean-Luc hat große Fortschritte im Schließen von Räumen gemacht, dennoch müssen wir sehen, ob es Sinn macht.“ Und zwar, ein Risiko einzugehen, den Franzosen nach Sprunggelenkverletzung in eine Partie zu werfen, in der das Spiel gegen den Ball bedeutungsvoller sein wird.

Das Spiel gegen den Ball ist die Kernkompetenz von Luka Vuskovic, und so sehr sich die Sinnfrage stellt, einem 18-jährigen Neuankömmling die Aufgabe als Abwehr-Chef ausgerechnet beim Rekordmeister anzuvertrauen, so überzeugt ist Polzin von der Tottenham-Leihgabe. „Luka wird uns helfen“, sagt Polzin, „ob von Beginn an, das steht noch nicht fest.“ Aber es deutet vieles darauf hin.

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