Beim 1:1 in Gladbach belebt Can Uzun abermals das Frankfurter Offensivspiel. Viele hatten den 19-Jährigen in der Startelf erwartet, doch Trainer Dino Toppmöller sieht den Youngster nicht als Stürmer. Das sorgt für ein Dilemma.
Kein Stürmer – und kein Platz im Mittelfeld?
Überraschend beorderte Trainer Dino Toppmöller in Gladbach Last-Minute-Zugang Michy Batshuayi in die Startelf. Der 31-jährige Angreifer hatte erst am Mittwoch zum ersten Mal mit der Mannschaft trainiert und war sichtbar noch keine Verstärkung. Der Coach begründete seine Entscheidung damit, dass er zwei Stürmer auf dem Feld haben wollte.
Seine Hoffnung, dass Batshuayi vorne Bälle festmacht, erfüllte sich jedoch nicht. An der Entstehung des 1:1 war der frühere belgische Nationalspieler zwar mit einem Pass beteiligt, ansonsten blieb er aber blass. In der 17. Minute hatte er zudem großes Glück, dass sein Ballverlust im Mittelfeld folgenlos blieb, weil Robin Hack bei seinem Tor im Abseits stand.
Uzun fehlt die letzte Präzision
Der für ihn nach knapp einer Stunde eingewechselte Can Uzun machte seine Sache deutlich besser. Während Batshuayi keinen einzigen Torschuss abgab, kam Uzun gleich dreimal gefährlich zum Abschluss (67., 70., 79.). Einziges Manko: Wenigstens einer dieser Bälle hätte ins Tor fliegen müssen, es fehlte die letzte Präzision. Außerdem bereitete Uzun per Freistoß Hugo Ekitikés große Kopfballchance (90.) vor. „Mit seiner Ballsicherheit, seinem Mut, Bälle zu fordern, Eins-gegen-eins-Situationen zu lösen und den Abschluss zu suchen, hat er uns viel gegeben“, lobt Toppmöller.
Bereits im vergangenen Heimspiel gegen Wolfsburg war Uzun als Joker ein belebendes Element – und mit seinem Kopfballtreffer für den 1:1-Ausgleich verantwortlich. Das 19-jährige Ausnahmetalent hätte es verdient gehabt, gegen Gladbach eine Chance in der ersten Elf zu bekommen. Was die Situation für Uzun erschwert: Toppmöller sieht in ihm keinen Stürmer. Dabei könnte Uzun von der Veranlagung her durchaus als zweite, zwischen den Linien „schwimmende“ Neun eingesetzt werden. An Technik, Agilität und Abschlussstärke mangelt es ihm nicht. Toppmöller sieht Uzun allerdings eher in einer tieferen Position im Mittelfeld.
Doch wenn der Coach weiterhin auf zwei Spitzen setzen will, was durch die Transfers von Batshuayi, vor allem aber Elye Wahi, auf lange Sicht wohl unumgänglich ist, gibt es dahinter nicht viele Plätze. Mario Götzes Formkurve zeigt in diesem Kalenderjahr deutlich nach oben. Der 32-Jährige ist mit seiner Spielintelligenz und Erfahrung aktuell eine unverzichtbare Größe. Auch an Achter Hugo Larsson, eines der größten Talente im Kader, führt normalerweise kein Weg vorbei. Dieses Luxusproblem sorgt für ein Dilemma. Wo soll Uzun spielen? Es wird schwierig, für ihn einen Platz in der ersten Elf zu finden.
Startelf-Chance gegen Kiel?
Kurzfristig bleibt Uzun die Hoffnung, dass Toppmöller vielleicht doch auf ein 3-4-2-1 umschwenkt, solange Batshuayi und Wahi noch nicht in Form sind. Dann könnte er an Götzes Seite hinter der einzigen Spitze Ekitiké spielen. Im kommenden Heimspiel gegen Kiel würde sich das anbieten. Perspektivisch dürfte sich in dieser Saison an Uzuns Rolle als Edel-Joker mit sporadischen Einsätzen in der Startelf aber wenig ändern. Zumindest zeichnet sich das aktuell nicht ab. Er muss geduldig und hungrig bleiben – und weiterhin an seinen Defiziten im Spiel gegen den Ball arbeiten. Wenn im März mit dem Achtelfinale in der Europa League die englischen Wochen losgehen, dürften sich die Einsatzzeiten weiter erhöhen.
Die große Frage ist, ob Uzun und sein Umfeld genug Geduld aufbringen. Schon nach dem Spiel gegen Wolfsburg forderte er unverblümt: „Ich will mehr spielen.“ Man merkt dem Hochbegabten die Unzufriedenheit über seine Rolle als Einwechselspieler an. Allerdings konnte Uzun längst nicht immer überzeugen, wenn er von Beginn an spielte. Erinnert sei an seine schwachen Auftritte in der Europa League gegen Riga (1:0) und Prag (1:0) oder auch kürzlich in Hoffenheim (2:2). Sollte er gegen Kiel eine Chance von Beginn an erhalten, muss er sie nutzen.
Sportvorstand Markus Krösche ist bemüht, in der Uzun-Frage keine Unruhe aufkommen zu lassen. „Wir haben einen Konkurrenzkampf. Jeder Spieler im Kader muss damit leben, dass er auch mal auf der Bank sitzt, selbst wenn er ein Tor gemacht hat. Das gehört dazu“, sagt der 44-Jährige. Er betont: „Jeder will spielen, das ist im Naturell eines Spielers. Das ist gut so, diese Unzufriedenheit ist wichtig.“
Allerdings sollte Uzun darauf achten, seine Unzufriedenheit im Mannschaftssport Fußball nicht zu sehr zur Schau zu stellen. Mit 19 Jahren steht er noch ganz am Anfang. Als Uzun im Sommer von Zweitligist Nürnberg kam, war objektiv betrachtet nicht zu erwarten, dass er gleich im ersten Jahr einen Stammplatz erobert. Das sollte sein Ziel für die neue Saison sein. Langfristig betrachtet könnte er eines Tages in Götzes Fußstapfen treten – und die Rolle mit mehr Torgefährlichkeit ausfüllen.