Die Überraschungsmannschaft Mainz hat zuletzt an Boden verloren. Vor dem Endspurt ruft der Trainer eine Art mentalen Neustart aus.
05-Coach schraubt am Mindset seines Teams
Von seiner Ankunft bei Mainz 05 im Februar 2024 bis zur spektakulären Rettung im Mai sprach Bo Henriksen (50) in der Öffentlichkeit praktisch ausschließlich Englisch. Seit Beginn dieser Saison absolviert der Mainzer Trainer Pressekonferenzen und Interviews bewusst auf Deutsch. Das lässt sich unschwer interpretieren als Zeichen des Respekts vor seiner sportlichen Wahlheimat, den Fans und der Kultur des Vereins. Und natürlich gibt der Däne damit auch ein gutes Vorbild ab für jene Spieler, die aus dem Ausland an den Bruchweg wechseln.
Henriksen will kein Gefühl der Ernüchterung zulassen
Einen Haken hat die Sache dennoch, auch wenn Henriksens Deutschkenntnisse prinzipiell tadellos sind und mehr als nur ausreichen, um seinen Zuhörern die gewünschten Inhalte zu vermitteln. Aber: Spricht der Fußballlehrer auf Deutsch, scheint ihm persönlich ein Stück Sicherheit zu fehlen – was seine Vorträge wiederum diese ganz spezielle, durchdringende Überzeugungskraft kostet, mit der Henriksen in Mainz vom ersten Tag an Spieler, Vereinsmitarbeiter und das gesamte Umfeld in seinen Bann gezogen hat.
Deshalb wechselt der 05-Coach, der diesen Zusammenhang offenbar erkannt hat, immer dann ins Englische, wenn ihm eine Sache ganz besonders wichtig ist. So auch an diesem Donnerstag während der Spieltagspressekonferenz vor der Heimpartie gegen Wolfsburg.
Henriksens konkretes Thema: Das Mindset seiner Mannschaft im Saisonendspurt nach zuletzt vier Bundesligaspielen ohne Sieg und dem jüngsten Abrutschen aus den Champions-League-Rängen. Natürlich hat der Trainer registriert, dass bei Beobachtern aktuell eine gewisse Ernüchterung eingesetzt hat, die in die auch vom kicker explizit gestellte Frage mündet: Geht der Überraschungsmannschaft Mainz auf den letzten Metern in Richtung Europa doch noch die Luft aus? Für Henriksen ist das freilich eine Denkweise, die er komplett von seiner Truppe fernhalten möchte. Oder, sofern nötig, schnellstens wieder aus den Köpfen herausbekommen will.
„Wir wollen einfach nur rausgehen und jagen. Wir können nur gewinnen.“ (Bo Henriksen)
Weshalb der Retter der Vorsaison, wie seinerzeit regelmäßig, auch einen Teil der aktuellen Pressekonferenz in Form einer Motivationsrede auf Englisch gestaltete: Was außerhalb des Klubs geredet werde, sei unerheblich. Denn: „Letztes Jahr hatten wir etwas zu verlieren, jetzt können wir nur gewinnen, gemeinsam mit unseren tollen Fans. Wir sind Fünfter, das ist fantastisch. Wir können etwas Historisches schaffen, diese Chance gibt es nicht so oft. Deshalb wollen wir in den letzten fünf Spielen einfach nur rausgehen und jagen. Das macht viel mehr Spaß als etwas zu verteidigen.“
Zugleich bestätigt Henriksen, dass die Ergebnisdelle der vergangenen Wochen nicht ausschließlich mit den Ausfällen von Leistungsträgern wie zwischenzeitlich Dominik Kohr oder zuletzt Jonathan Burkardt und Nadiem Amiri zu tun hatte. Sondern auch auf mentalen Ursachen gründete: „Es war ein großer Elefant im Raum, der hieß Champions League. Wir waren nicht zu 100 Prozent frei.“ Das versucht der Coach nun wieder zu ändern – während ihm mit Blick auf die Verfügbarkeit verschiedener Topspieler weiter die Hände gebunden sind.
Fragezeichen um Burkardt und Mwene
So habe Burkardt zwar „die ganze Woche über trainiert, aber nicht bei 100 Prozent“, berichtet Henriksen und erklärt hinsichtlich Samstag: „Hoffentlich kann Johnny spielen, wieviele Minuten weiß ich nicht.“ Auch hinter Philipp Mwene, den sein österreichischer Landsmann Nikolas Veratschnig vertreten könnte, steht noch ein Fragezeichen. Sicher nicht dabei ist der gelbgesperrte Paul Nebel, an dessen Stelle Winter-Zugang Arnaud Nordin womöglich seine Startelfpremiere feiert. Unabhängig vom Personal lässt Henriksen indes keinen Zweifel, was er für das Wichtigste hält: „Dass wir die Köpfe oben haben und einfach attackieren.“