Rund eine Stunde hätten sich die vereinzelten HSV-Anhänger das Ausharren am Zaun des Trainingsplatzes beim Test unter Ausschluss der Öffentlichkeit sparen können. Dann endlich kamen Albert Sambi Lokonga und Fabio Vieira ins Spiel. Der HSV verlor trotzdem 1:3 gegen Hannover, gewann aber aus der letzten halben Stunde Hoffnung auf Besserung.
Beim 1:3 gegen Hannover verändern Lokonga und Fabio Vieira das Spiel
Eine Stunde lang war der Bundesligist streckenweise ein Spielball des Zweitligisten. Merlin Polzin hatte bei seiner Aufstellung in Abwesenheit der Nationalspieler weniger Wert auf das Ergebnis, sondern vielmehr auf Einsatzzeit bei denen gelegt, die es nötig haben: Yussuf Poulsen sammelte rund 60 Minuten nach seiner Oberschenkelzerrung und zwei Jokereinsätzen in der Liga; Noah Katterbach durfte nach seinem Kreuzbandriss und Teileinsätzen während der Vorbereitung erstmals durchspielen; Immanuel Pherai feierte sein Comeback nach Innenbandanriss.
Dazu spielten mit Silvan Hefti und Guilherme Ramos auch zwei Verteidiger, die ohne Perspektive sind. Die Art und Weise, wie 96 den Bundesligisten spielerisch dominierte, war dennoch eine aus Trainersicht enttäuschende Erkenntnis. „Das Ergebnis“, sagt Polzin, „gefällt mir nicht.“
Glatzel wies nach, dass er unverändert Waffen hat
Was dem 34-Jährigen hingegen gefallen konnte, war der Einfluss, den seine beiden Last-Minute-Zugänge vom FC Arsenal auf Anhieb – und im Verbund mit Robert Glatzel – genommen haben. Das Trio kam nach 63 Minuten beim Spielstand von 0:3 und augenscheinlich war: Sambi Lokonga forderte in der Tiefe nahezu jeden Ball, fand immer wieder Lösungen, diesen nach vorn zu tragen. Fabio Vieira agierte eine Position weiter vorn, nominell rechts offensiv. Der Portugiese hielt sich indes nicht auf dem Flügel auf, zog immer wieder nach innen und versuchte das Spiel im Stile eines Regisseurs zu lenken.
Polzin hat den Wirkungskreis des neuen Duos sehr genau registriert. „Beide definieren sich über Lösungen mit dem Ball. Sie bewegen sich viel in Räumen, die wir zuvor auch schon besetzt haben, dabei jedoch nicht für Torgefahr gesorgt haben.“ Das soll sich nun ändern, denn der Coach sagt: „Das ist eine Kernqualität der beiden. Der Anspruch von ihnen und von mir ist es, dass wir offensiv für mehr Gefahr sorgen.“ Das, stellt er ausdrücklich klar, soll nicht zu Lasten der defensiven Kompaktheit gehen, die der Trainer seit Vorbereitungsbeginn auf der Agenda nach ganz oben gesetzt hat. „Wir werden einen guten Mix finden. Die Qualität der beiden im Ballbesitz wird uns guttun.““
Von einem guten Mix und mehr Qualität im Ballbesitz, das wurde am Donnerstagnachmittag im Volkspark sichtbar, kann nach wie vor Glatzel profitieren. Der wohl spielstärkste der drei Hamburger Mittelstürmer ist in der Hierarchie auf Position drei abgerutscht, zeigte aber gegen Hannover wie eigentlich immer in den zurückliegenden vier Jahren, dass er Waffen hat, wenn seine Mitspieler ihn in Szene setzen. Diesen Nachweis erbrachte der 31-Jährige weniger durch seinen verwandelten und an Emir Sahiti verwirkten Elfmeter, sondern vielmehr durch seine Präsenz als Anspielstation und Gefahrenherd.
30 Minuten machen dem HSV Hoffnung. Das klingt nach wenig, könnte aber viel Wert sein, wenn die Integration von Sambi Lokonga und Fabio Vieira zügig verläuft. Sie zu diesem Zweck gegen Hannover eher oder gar von Anfang an zu bringen, war für Polzin keine Option. „Beide haben bei Arsenal zwar die Vorbereitung absolviert, aber keine richtigen Testspiele. Wir wollten sie nicht überbelasten, sondern wollen sie so einfügen, dass wir möglichst viel Freude an ihnen haben.“